Die betriebliche Bildung im jetzt und morgen, mit E-Learning!

unsplash by Alesia Kazantceva
Im Austausch mit zwei Alumni, in Diskussionen mit meinen derzeitigen Kommilitonen, im Rahmen meines Masterstudiums, und in einigen Gesprächen mit Entscheidern in Unternehmen, wurde es mir bewusst. Der Unterschied der unterschiedlichen E-Learning Formen ist nicht bekannt. Ob Workplace Learning, Blended Learning oder die reine Form des E-Learnings – „Ist doch das Gleiche!“
Das ist ein Irrtum! Es führt dazu, dass in Organisationen die Potenziale dieser unterschiedlichen Methoden nicht genutzt werden. Die unterschiedlichen Anforderungen an die Qualifikation, Kompetenzentwicklung und die Unterstützung im Arbeitsprozess, verlangen auch unterschiedliche Methoden.
Das ist so, als würden Sie für alle handwerklichen Maßnahmen einen Hammer verwenden.
Allgemeines Verständnis unter dem Begriff E-Learning: Hierunter werden erstmal alle Formen von Lernen verstanden, bei denen elektronische oder digitale Medien für die Präsentation und Distribution von Lernmaterialien und/oder zur Unterstützung zwischenmenschlicher Kommunikation zum Einsatz kommen. (Wikipedia)
Aber kommen wir zu den wichtigen Fakten und herausragenden Unterschieden zwischen den einzelnen Formen des E-Learning. Hier zwischen der Form des reinen E-Learnings, des Blended Learnings und des Workplace Learnings.
Überblick der drei unterschiedlichen Lernarrangements
E-Learning besteht zumeist aus formellem Lernen. Der Trainer gibt den Content und die Medien in Form von z. B. WBTs, Videos, Podcast,… vor. Der Lerner kann zeit- und ortsunabhängig sein Wissen erweitern. Wird in der Regel zur Qualifizierung und in Phasen der Einarbeitung in neue Themen oder im Onboardingprozess genutzt.
Blended Learning ist eine Kombination aus E-Learning und Lernen in Präsenzveranstaltungen. Der Lerner kann seinen Wissensaufbau mit E-Learning erweitern. Dann selbstorganisiert seine Lernziele setzten und mithilfe von Lernpartner diese flankieren. Der Lehrende wird hier zum Tutor, Trainer. Fördert das eigenverantwortliche Lernen und die Zusammenarbeit.
Workplace Learning, das Lernen am Arbeitsplatz, dient darüber hinaus der individuellen Kompetenzentwicklung. Der Lernende setzt sich seine individuellen Lernziele, steuert und organisiert sich sein Lernen selbständig. Der Lehrer wird hier zu einem Lernbegleiter. Er unterstützt den Lerner und bietet ihm einen Ermöglichungsrahmen indem er seine Kompetenzen direkt im Berufsalltag und im Netz entwickeln kann. Neben der Entwicklung von Kompetenzen, erhalten die Mitarbeitenden die Informationen und das Erfahrungswissen ihrer KollegInnen, wenn Sie es im Arbeitsprozess benötigen. Just in time.
Die signifikantesten Unterschiede der E-Learning Formen
- Lernformen
Der Anteil an Selbstorganisation, sowie an informellen Lernanteilen nimmt vom E-Learning bis hin zum Workplace Learning zu. Während im E-Learning vor allem Wissensaneignung stattfindet, findet im Workplace Learning das Lösen von realen Herausforderungen statt (Kompetenzentwicklung).
- Rolle des Trainers
In E-Learning und Blended-Learning-Arrangements sind Coaches und Trainer primär für die Unterstützung und Begleitung des Lernprozesses zuständig Im Rahmen des Workplace Learnings organisieren die Lernenden ihre Kompetenzentwicklung in eigener Verantwortung. Der Lernbegleiter bietet den Ermöglichungsrahmen, damit Sie dies tun können.
In den E-Learning und Blended-Learning Arrangements unterstützt das KOPING-Verfahren die selbstorganisierte und selbstgesteuerten Lernphasen. Dieses wird im Workplace Learning zum Co-Coaching-Prozess weiterentwickelt und bezieht sich im Regelfall auf die gemeinsame Lösung von Praxisprojekten. Als Ergänzung dazu dient die Kollegiale Beratung für die kollaborative Entwicklung und Bearbeitung von Problemlösungen oder Praxisprojekten eingesetzt werden.
- Rolle der Lerner
Ein signifikanter Unterschied zwischen den drei Methoden ist, dass E-Learning und Blended Learning einen weitgehend selbstgesteuerten Wissensaufbau und eine eigenverantwortliche Qualifizierung ermöglichen. Beim E-Learning können die Lernen zwar orts- und zeitunabhängig ihr Wissen erweitern, hier werden meistens die Lernziele jedoch fremdgesteuert vorgegeben.
Beim Blended-Learning bestimmt, gestaltet und steuert der Lerner seine Lernziele und den Lernprozess selbständig.).
Im Workplace Learning hat der Lerner auch eine selbstorganisierte Zielsetzung und Prozessgestaltung, welche allerdings über das formelle lernen hinausgeht. Denn
„Kompetenzen zeigen sich immer in den Handlungen der Menschen.
Sie können nicht vermittelt werden, sondern nur selbstorganisiert aufgebaut werden,
indem herausfordernde Aufgaben in der Praxis gelöst werden.“ (Sauter & Sauter, 2013, S. 2)
- Lernort / Lerninfrastruktur
Der Lernort verändert sich. Worplace Learning integriert lernen in den Arbeitsprozess. Beim Blended Learning finden mit dem Kick-Off und den Workshops noch gesonderte Präsenzveranstaltungen statt, außerhalb des Arbeitsprozesse. Die reinen E-Learning Kurse finden ausschließlich auf digitalen Plattformen statt.
Zur Unterstützung werden meist LMS (Learning Management Systeme) als Lernplattform im E-Learning und Blended Learning Arrangements eingesetzt. Hier werden Dokumente, WBTs, Videos, Podcasts zur Verfügung gestellt.
Für das Workpalce Learning wird eine soziale Lernplattform benötigt, die neben der Bereitstellung von Wissen, auch den direkten Austausch und die Zusammenarbeit im Arbeitsprozess ermöglicht.
- Content-Erstellung
Das Erstellen und Verwalten von Reusable Learning Objects (RLOs) mittels eines Learning Content Management Systems (LCMS) im Rahmen von E-Learning und Blended-Learning obliegt der Verantwortung der Personalentwicklung, die mit MedienproduzentInnen sowie FachautorInnen für die Content-Erstellung zusammenarbeitet. An der Erstellung von Lehrmaterialien für E-Learning und Blended-Learning-Arrangements arbeitet dabei oft ein ganzes Team von AutorInnen zusammen.
Im Gegensatz dazu wird in Social und Workplace Learning Arrangements der Content zunehmend von den Lernenden selbst generiert und dann als „User Generated Content” bezeichnet. Die Lernenden rezipieren somit nicht mehr nur passiv die zur Verfügung gestellten formellen Lerninhalten, sondern werden zu aktiven Content-ProduzentInnen. So werden auch viel schneller relevante neue Informationen und Erfahrungswissen bereitgestellt. Veränderungen in Prozessen, pragmatische Lösungen oder auch die Einhaltung von Compliance Regeln.
„Die Zukunft des Lernens geht in Richtung Workplace Learning.
Lernen am Arbeitsplatz und mit dem Netz.“ John Erpenbeck
In diesem Bild sind die wesentlichen Unterschiede eingearbeitet.

E-Learning, Blended Learning, Workplace Learning
Ich hoffe die Unterschiede sind deutlich geworden. Je nachdem was Sie für Ziele haben, sind unterschiedliche Lernarrangements notwendig. Die schnelle Einführung einer Plattform kann Sie sehr teuer kommen. Sie müssen Strategisch vorgehen und sich vorher bewusst werden, ob Sie Ihren Mitarbeitern „nur“ Wissen bereitstellen wollen oder sie zu handlungs- und entscheidungsfähigen Mitarbeitern entwickeln wollen. Aus unserer Erfahrung ist es immer ein sowohl als auch Lösung. E-Learning und ein LMS zur Qualifikation und dem Aufbau von neuem Wissen. Blended Learning , Präsenz- und Online-Veranstaltung. Und Workplace Learning mit einer sozialen Kollaborationssoftware, integriert in die Arbeitsprozesse, zur Entwicklung von Kompetenzen und der Bereitstellung von Erfahrungswissen, in the moment of need.
Quelle zum Nachlesen: Sauter, W. & Sauter, S. (2013): Workplace Learning. Heidelberg, Springer.
Vielen Dank für diese detaillierte Aufschlüsselung der verschiedenen digitalen Lernformate. Sehr informativ und hilfreich!
Eine Anmerkung: Teilweise taucht im Text das Binnen-I auf, abgewechselt mit dem generischen Maskulinum. Ich rege dazu an, in einer Überarbeitung des Beitrags das Gendering zu vereinheitlichen zugunsten genderinklusive Schreibweisen. Aus “der Lerner” könnten “die Lernenden” werden. Aus “Der Lehrende wird hier zum Tutor, Trainer.” könnte “die Lehrenden werden zu Tutor*innen und Trainer*innen” werden usw.
Das würde das Lesevergnügen m. E. steigern, da das verwendete Gendering (=generische Maskulinum) doch etwas altbacken und sperrig daher kommt. Die vorhandenen Ansätze von Genderinklusion (=Binnen-I) finde ich gut, sie werden aber inkonsistent verwendet und entsprechen auch nicht mehr dem Standard. Und das bei so einem brandaktuellen und wichtigen Thema, wie dem digitalen Lernen, wäre es doch schön, wenn der schon etwas ältere Text den aktuelle Sprach- und Schreibstandards angepasst werden würde.
Vielen Dank und herzliche Grüße,
Diana Drechsel