Ohne Business Relevanz keine Personalentwicklung
Eines unser WebCamps stand unter dem Motto: „Corporate Learning & Development – 2018 bleibt alles anders!“ Wir (Prof. Sauter und ich) diskutierten mit Personalentwicklern aus unterschiedlichen Unternehmen. Auch Teilnehmende aus der Schweiz und Österreich waren vertreten. Sie sahen die Themen Werte- und Kompetenzentwicklung, Umsetzung des 70:20:10-Modells und eine größere Einbeziehung der Mitarbeitenden, Führungskräfte und Trainer für 2018 auf ihrer Agenda.
Nachfragen gab es vor allem zu der 5 Moments of Need-Methode, mit welcher man das 70:20:10-Modell (Hinweis zur Methode) praxisorientiert umsetzen kann. Und alle waren sich einig, dass die Maßnahmen Business Relevant sein müssen.
Topmanagement hat kein Interesse
Doch ein Thema wurde im Nachhinein immer wieder angesprochen. In einigen Telefongesprächen und Mail klagten die Teilnehmenden darüber, dass sie keine Unterstützung vom Topmanagement erhalten. Es nicht mal Thematisieren können und es daher auch keine finanziellen Mittel gibt.
Das ist natürlich ein Dilemma. Zumal wir alle, auch das Topmanagement, uns inmitten großer Veränderungen befinden. Fachkräftemangel, Diversity, wachsende Konkurrenz, ständig veränderte Anforderung, Disruption – alles Auswirkungen der digitalen Transformation. Somit müssen wir neue Wege gehen und deren Business Relevanz nachweisen.
Ohne Mitarbeiterbefähigung kein Überleben
Um auch in Zukunft erfolgreich zu sein, benötigen Unternehmen gut ausgebildete und vor allem kompetente Mitarbeitende. Die Art und Weise der Zusammenarbeit, innerhalb und außerhalb der Unternehmen, verändert sich Zusehens. Das betrifft zum Teil auch die Systeme, aber in erster Linie die Menschen. Die Menschen innerhalb und außerhalb der Unternehmen. Aufgaben und Rollen werden gerade neue definiert. Das Hochschulwissen reicht dazu ebenso wenig aus, wie die Trockenübungen in Seminaren oder einem Onlinekurs.
Kennzahlen entscheiden
Ich spüre und sehe sehr große Verunsicherung im Topmanagement und bei den Führungskräften. Es gibt so viele Themen und Herausforderung. Der Einkauf klagt über hohe Rohstoffkosten. Die Personalabteilung, über fehlende Fachkräfte. Der Vertrieb über den harten Kostenwettbewerb aus Fernost. Überall ständig neue Herausforderungen, die gelöst werden müssen.
In vielen Unternehmen liegt der Fokus auf den Quartalszahlen. Shareholder, gesetzliche Anforderungen und die Zielvereinbarungssysteme fordern Aufmerksamkeit und Transparenz.
So liegen die Prioritäten auf den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Umsatz, Kosten, EBIT, um nur einige zu nennen. Daran wird die Leistung der Verantwortlichen gemessen. Wirksamkeit und Ergebnisse zu liefern sind wichtig. Reicht das alleine aber aus, um langfristig erfolgreich zu sein?
Kennzahlen liefern
Wenn alles im Unternehmen anhand dieser Kennzahlen gemessen wird, dann muss HR diese auch liefern. Ohne entsprechende Kalkulationen und Berechnungen des ROI wird es keine Aufmerksamkeit geben. Auch wenn es genügend Argumente der Risikominimierung, bspw. die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften oder natürlich auch der Chancennutzung gibt. Ohne Kennzahlen werden diese als nicht relevant und belegbar abgetan. Aber der Reihe nach.
Ein ROI steigert Akzeptanz
Jede Investition bedarf einer Rentabilitätsrechnung. Eigentlich eine ganz einfache Rechnung. Wie viel Geld wird investiert und wann erhalte ich wie viel Geld zurück. Dabei ist der Input, Investitionskosten, meist gut zu ermitteln, beim Output wird es oft schwerer.
Seminarkosten reduzieren
Fangen wir mit den Ausgaben für Qualifikationsmaßnahmen an. Dazu summieren wir alle Ausgaben für externe Seminare, Reise- und Übernachtungskosten, interne Raum- und Bewirtungskosten. Und natürlich die Personalkosten der Teilnehmenden. Denn diese können in dieser Zeit nicht wertschöpfend im Unternehmen arbeiten. Durch kontextbezogene und integrierte Unterstützung und Entwicklung im Arbeitsprozess können wir mehr als 70 % dieser Kosten einsparen.
Denn nach dem 70:20:10-Modell sind die Ergebnisse weder effektiv noch effizient. Gries (2008) beziffert die Verlustsumme in seinem Buch „die Weiterbildungslüge“ auf 30 Milliarden €. (siehe Erpenbeck & Sauter, So werden wir lernen S. 7).
Fehlervermeidung spart Kosten
Dann schauen wir uns die Durchführungsqualität der Prozesse an, auch Fehlerquote. Durch die direkte Unterstützung im Arbeitsprozess wird diese natürlich signifikant reduziert. Kosten für die Fehlerbehebung vermieden.
Verschwendung verringern
Zudem können auch die „unproduktiven“ Zeiten der Suche nach Informationen gesenkt werden. Es gibt Studien (Wissensarbeit im Wandel), die von weit über 30 % Zeitverschwendung ausgehen. Rechnen wir konservativ und nehmen nur 15 % der jährlichen Personalkosten.
Rekrutingaufwand wird reduziert
Was häufig vergessen wird, sind die Kosten für Employer Branding und Recruiting. Aus- und Weiterbildung und Kompetenzentwicklung ist ein wesentliches Thema bei den Fach- und Führungskräften. Durch die Vermarktung und Erlebnisberichte der Mitarbeitenden können die wenigen ExpertInnen einfacher vom Unternehmen überzeugt werden. Auch hier können entsprechende Werte berechnet werden.
Sicherheit steigert Motivation
Sicherheit im Arbeitsprozess reduziert die Fehlerquote. Die Mitarbeitenden erhalten kontextbezogene Informationen zu den Compliance Regeln und gesetzliche Vorgaben oder Hinweise zur Qualitätseinhaltung und Unterstützung zur Verbesserung der Prozesse. Das steigert nachweislich die Mitarbeitermotivation und die Arbeitsresultate. Diese Effekte können durch eine „Customer Experience“ noch gesteigert werden.
Customer Experience erhöht die Mitarbeiterbindung
Eine „Customer Experience“ führt zu höheren Lern- und Arbeitserlebnissen bei unseren internen Kunden, den Mitarbeitenden. Gute Arbeitsergebnisse steigern die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Sie können ihre Potenziale besser umsetzen und steigern somit die Performance. Durch die direkte Unterstützung im Arbeitsprozess werden diese Auswirkungen gesehen und gemessen.
Unterstützung steigert Produktivität
Veränderungen finden schneller in die Arbeitsprozesse und werden auch berücksichtig. Diese werden nicht wie bisher per Rundschreiben und Beschreibungen in einem Arbeitshandbuch kommuniziert. Die Mitarbeitenden erhalten die Veränderungshinweise genau dann, wenn sie eingehalten werden müssen. Im direkten Handeln führt dies nachweislich zu einer Verhaltensänderung. Wie häufig gab es Störungen und wie hoch waren die Kosten, weil Änderungen nicht berücksichtigt wurden?
Gelebte Werte steigern den Unternehmenswert
Was uns zum nächsten, immer wichtigeren Thema führt. Die Entwicklung und leben von Werten. Die Vorteile müssen auch in Zahlen dargestellt werden, bspw. aufgrund von Informationen aus der Vergangenheit. Wie viele Kundenbeschwerden gab es aufgrund nicht gelebter Unternehmenswerte? Wie hat sich die Kundenzufriedenheit verändert? Welche Relevanz haben die Maßnahmen auf das Image und die Marktpräsenz?
Aufmerksamkeit durch Controlling und Marketing
Es gibt noch weitere Faktoren, welche man zwingend in eine solche Kalkulation einbeziehen sollte. Entweder zur Reduzierung von Kosten oder der Chancennutzung. Alle Möglichkeiten hier aufzuzählen würden ein Buch füllen, aber den Rahmen eines Blogbeitrages sprengen.
Ein ROI ist aber meist der ausschlaggebende Faktor um Aufmerksamkeit beim Topmanagement zu erzeugen. Durch entsprechende Präsentation erhält man dann auch die Unterstützung und das notwendige Budget.
Richtungsweisende Methoden zur Potenzialentfaltung, Entwicklung von Digitalisierungskompetenzen und Werten führen zwangsläufig zur Steigerung der Performance. Deren Business Relevanz ist aber mit Zahlen zu belegen und durch gutes Marketing zu verkaufen.
Mein Tipp: Vom Controlling lernen wie man kalkuliert und vom Marketing, wie man präsentiert. Dies und die erfolgreiche Realisierung von effektiven Personalentwicklungsmethoden setzen entsprechende Kompetenzen und die Zusammenarbeit mit internen und externen Spezialisten voraus.
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